Menschen mit Mehrfachbehinderung leiden aufgrund ihrer Einschränkungen häufig unter Bewegungsmangel. Das hat negative Folgen für ihre Gesundheit. Ein Modellprojekt möchte das ändern und wird nun von der SozialstiftungNRW mit 615.500 Euro gefördert.

Das landesweit bislang einzigartige Projekt „In Bewegung kommen – in Bewegung bleiben“ der FIBS gGmbH (Forschungsinstitut für Inklusion durch Bewegung und Sport) soll Möglichkeiten körperlicher Aktivität für Menschen mit komplexen Behinderungen erforschen. Der Stiftungsratsvorsitzende der SozialstiftungNRW, Marco Schmitz, MdL, übergab am Mittwoch in Frechen den Förderbescheid an die FIBS gGmbH. Partner in dem Projekt, das am 1. Juli startet, sind Einrichtungen des Diakonischen Werks im Kirchenkreis Recklinghausen sowie der Josefs-Gesellschaft in  Bigge. Wissenschaftlich begleitet wird es vom Bochumer Zentrum für Disability Studies (BODYS), eine Forschungseinrichtung der Evangelischen Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe.

„Wir freuen uns, das Modellprojekt mit 615.500 Euro zu fördern“, sagte Marco Schmitz bei der Übergabe des Förderbescheids. „Menschen mit komplexer Behinderung haben den gleichen  Wunsch nach Bewegung und körperlicher Aktivität wie alle Menschen. Sie können sich jedoch oft nicht selbstständig bewegen und können ihre Bedürfnisse und Wünsche zudem nicht  ausdrücken.“ „Der unfreiwillige Bewegungsmangel schwächt oftmals die Gesundheit von Menschen mit komplexen Behinderungen“, erklärte die Prokuristin und wissenschaftliche Leiterin der  FIBS gGmbH, Dr. Vera Tillmann. Typische Beschwerden seien Gelenkprobleme, erhöhte Infektanfälligkeit oder Verspannungsschmerzen. Mit dem Modellvorhaben „In Bewegung kommen – in Bewegung bleiben“ betrete die FIBS gGmbH Neuland. „Für Menschen mit einer komplexen Beeinträchtigung gibt es bislang keine Ansätze, wie Bewegung Teil ihres Alltags sein kann. Das möchten die Projektpartner gemeinsam mit den Menschen selbst ändern.“

Menschen mit Behinderung am Projekt beteiligt „Besonders überzeugt hat uns, dass im gesamten Prozess sowohl Menschen mit komplexer Behinderung als auch ihre Unterstützenden beteiligt sind“, betonte Marco Schmitz. „Der Grundsatz der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen ‚Nichts über uns ohne uns‘ wird in diesem Projekt gelungen umgesetzt.“

An dem Modellvorhaben werden mindestens zehn Menschen mit komplexen Behinderungen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Einrichtungen des Diakonischen Werks im Kirchenkreis Recklinghausen und der Josefs-Gesellschaft beteiligt sein. Geplant sind Workshops, in denen Problemlösungen erarbeitet werden. Die Ideen werden dann von den Beteiligten im Alltag erprobt. Lösungsansätze mit Vorbildcharakter Menschen mit komplexen Behinderungen sind nicht nur körperlich eingeschränkt. Oftmals fällt es ihnen auch schwer, ihren Wunsch nach Bewegung verbal zu äußern. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Einrichtungen für behinderte Menschen ist es deshalb häufig schwierig, das Bedürfnis nach körperlicher Aktivität wahrzunehmen. Das Projekt will erforschen, wie Bewegung in den Alltag von Menschen mit Mehrfachbehinderung integriert werden kann und Unterstützende Bedürfnisse erkennen können. Zudem geht es darum, welche Hilfsmittel in den Einrichtungen dafür notwendig sind. Dazu können zum Beispiel bewegungsgesteuerte Videospiele oder Schwungtücher zählen. Die Ergebnisse des Modellprojekts sollen nach Ende der dreijährigen Laufzeit veröffentlicht und breit gestreut werden, um sie anderen Einrichtungen zugänglich zu machen.

Die SozialstiftungNRW – mit gesetzlichem Namen Stiftung Wohlfahrtspflege NRW – ist eine Stiftung öffentlichen Rechts des Landes Nordrhein-Westfalen. 1974 als Sozialstiftung gegründet, erhält sie jährlich 25 Millionen Euro aus den Erlösen der Spielbanken in Nordrhein-Westfalen. Damit finanziert sie soziale Projekte der gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege, gestaltet aktiv den Zusammenhalt der Menschen in unserem Land und ermöglicht die Umsetzung innovativer Ideen. Dazu hat sie inzwischen über 7500 Vorhaben mit einer Fördersumme von fast einer Milliarde Euro unterstützt.